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Voltaire in Frankreich: Nach einem Monat

Liebe*r Voltaire-Schüler*in,

nun ist es ungefähr einen Monat her, dass du in Frankreich angekommen bist. Ich kann mir vorstellen, dass viele Dinge dort ganz anders sind, als du erwartest hattest. Um dich herum ist alles neu: neue Leute, neue Gesichter, andere Landschaften, eine andere Sprache… Du bist jetzt vollends in dein „französisches Leben“ eingetaucht, beobachtest deine neue Umwelt und stellst dir sicher viele Fragen.

Es ist völlig normal, wenn am Anfang noch nicht alles perfekt ist. Manchmal hat man Lust, alles aufzugeben, weil die Schwierigkeiten einem unüberwindbar vorkommen oder weil man so oft Heimweh hat. Doch sollte man das Ziel, das man sich am Anfang gesetzt hat, nicht aus den Augen verlieren und den Kopf nicht hängen lassen.

Sprache und neue Kontakte

Du findest es vielleicht momentan noch ziemlich schwierig, der Schule und den Gesprächen in deiner Gastfamilie zu folgen. Die meisten Teilnehmenden berichten, dass sie zwei bis drei Monate gebraucht haben, bis sie sich mit der Sprache deutlich sicherer fühlten. Sobald sich dieses Gefühl langsam einstellt, ändern sich sehr viele Dinge:

Es ist einfacher, sich in der Schule in den Unterricht einzubringen, selbstständig Kontakte mit Mitschüler*innen zu knüpfen… Also gib die Hoffnung nicht auf und lerne neue Vokabeln (Vokabelhefte fühlen sich vielleicht ein bisschen schulisch an, sind da aber hilfreich!) oder lies Bücher auf Französisch (Comics, Kinderbücher oder auch Bücher, die du schon auf Deutsch kennst).

Frag nach, wenn du etwas nicht verstehst, bitte die anderen darum, dich zu verbessern… und versuch, mit deinem /deiner Austauschpartner*in nur Französisch zu sprechen!

« Pendant les premières semaines, c’était très, très difficile pour moi de comprendre ce que disaient les autres parce que tout le monde parlait très vite me semblait-t-il. Surtout les jeunes, c’était difficile parce qu’ils ont parlé en utilisant leurs expressions, c’est-à-dire des expressions comme ‘faire gaffe’, ‘j’en ai marre’ et ‘on se casse’, dont j’en connais beaucoup maintenant. » Anika

„Was sich geändert hat, ist mein Bild von Menschen. Die Zeit in der man kein Wort versteht, sondern immer nur ein stiller Beobachter ist, ist eine wertvolle für mich gewesen. Versuchen Menschen zu verstehen ohne sie sprachlich zu verstehen ist eine schwierige und interessante Aufgabe.“ André

Das französische Schulsystem ist sicherlich auch eine große Umstellung für dich.

Das Schulsystem

Im Grunde genommen habt ihr in Deutschland in der Oberstufe vielleicht genauso viele Stunden, aber nicht so viele „Löcher“ im Stundenplan. Die Schule ist auch abends nicht so spät zu Ende. Das kann einen ganz schön ermüden, vor allem, wenn man sich zusätzlich wegen der Sprache anstrengen muss.

Aber du kannst diese freien Stunden nutzen, um deine Hausaufgaben zu machen oder um neue Leute kennen zu lernen. Am Ende wirst du sehen, wie das Lycée zu einem Ort wird, wo man sich gerne aufhält, ein richtiger „lieu de vie“.

„Am Anfang wollte ich immer die Unterschiede vergleichen aber es war eine schlechte Idee. Jetzt weiß ich, dass es überall Vorteil und Nachteil gibt. Ein gutes System wäre zwischen das deutsche System und das französische System. Das muss man selbst entdecken. Deswegen ist das Voltaireprogramm eine sehr schöne und interessante Erfahrung.“ Mathilde

« J’avais l’impression que quand on avait du temps libre, c‘était seulement à l’école. Les élèves français n’allaient pas souvent chez des amies pendant le week-end, mais pendant les trous, on allait en ville, on faisait des pique-niques etc… » Merle

In deiner Gastfamilie ist bestimmt vieles anders als bei dir zuhause.

In deiner Gastfamilie

Es erfordert viel Flexibilität und Offenheit, sich an das Leben und die Gewohnheiten einer fremden Familie anzupassen, aber dadurch lernt man auch sehr viel über sich selbst und den Umgang mit anderen Menschen.

Viele deutsche Voltaire-Schüler*innen erzählen, dass französische Eltern ein bisschen strenger als deutsche Eltern sind. Das hängt auch mit der Wochenplanung zusammen: Insgesamt sind Eltern (v.a. Mütter) in Frankreich viel öfter berufstätig als in Deutschland, sodass die Woche und das Familienleben insgesamt „straffer“ durchgeplant werden müssen.

Du solltest deiner Gastfamilie daher immer zeigen, dass sie dir vertrauen kann, und Verständnis dafür haben, dass sie dir nicht alles erlauben kann. Versuche, deinen Platz in der Familie zu finden, im Haushalt mitzuhelfen, mit den anderen Geschwistern Kontakte zu knüpfen… Bitte sie um Hilfe, wenn du Fragen oder Probleme hast.

Drücke aus, was du empfindest und was dich bewegt. Es ist wichtig, dass deine Gastfamilie weiß, ob du dich wohl fühlst oder nicht. Zieh dich nicht zurück, es wird dann auf Dauer schwieriger, wieder auf sie zuzugehen, und die Familie kann schnell das Gefühl bekommen, dass du dich isolierst.

« J’ai eu de la chance avec ma famille. Pour tout le monde c’était une nouvelle situation et il fallait faire des compromis dans toutes les directions. Surtout, ma corres m’a beaucoup aidée parce qu’elle connaissait cette situation puisqu’elle l’avait rencontré au cours de son séjour en Allemagne. » Alexandra

« Je suis arrivée dans une famille très heureuse de vivre, ouverte et surtout drôle. Par contre il n’était pas toujours facile de se débrouiller avec leurs humeurs. Parfois ils manquaient de tact, ils ne remarquaient pas quand il fallait s’arrêter. Ça m’a dérangé surtout au début parce que je ne comprenais pas tout. Mais quand on vit dans une autre famille, il faut aussi accepter même si ce n’est pas toujours facile. » Jana

Bei den Kontakten mit deiner Familie und deinen Freunden in Deutschland solltest du dich möglichst immer wieder selbst kontrollieren. Unserer Erfahrung nach ist eine Frequenz von einmal Telefonieren / Zoomen pro Woche ganz gut. Du solltest auch versuchen, nicht zu viel Zeit in den sozialen Medien zu verbringen.

Ich hoffe, dass du dich mit deinem / deiner Austauschpartner*in gut verstehst. Es ist oft nicht so einfach, mit jemandem zu leben, der vielleicht anders als man selbst ist.

Dein*e Austauschpartner*in und du

Versucht, euch gegenseitig zu verstehen und euch so viel wie möglich auszutauschen.

Versuche, nicht zu enttäuscht zu sein, wenn dein*e Austauschpartner*in jetzt wenig Zeit für dich haben sollte. Er/sie wird erfahrungsgemäß viel für die Schule zu tun haben und ist außerdem nach sechs Monaten Abwesenheit wieder mit Familie und Freunden zusammen. Das kann dazu führen, dass ihn/sie die Rolle des Gastgebers anfänglich ein bisschen überfordert.

Das soll aber nicht heißen, dass du nicht mit ihm/ihr sprechen sollst, wenn dich das stört! Wie du schon weißt, ist es immer sehr wichtig, das Gespräch zu suchen, wenn man ein Problem hat. Es gibt kaum ein Problem, das gelöst werden kann, ohne vorher besprochen zu werden. Es ist sehr wichtig, Kompromisse zu finden:

Sag ihm/ihr, was du dir von ihm/ihr wünschst und überlege dir auch, was du bereit bist zu leisten, damit die Situation sich verbessert. Frage dich auch, welche interkulturellen Missverständnisse dem Problem zugrunde liegen könnten.

„Deshalb finde ich es auch besonders toll, diesen Austausch gemacht zu haben, weil ich diesen Perspektivenwechsel erlebt habe. Nach dem halben Jahr war ich in derselben Position wie davor meine Austauschpartnerin und ich habe plötzlich vieles verstanden: warum sie sich manchmal in einer bestimmten Weise verhalten hat oder warum es blöd war, wie ich mich manchmal verhalten habe.“ Merle

« Je dirais que la distance qu’on avait parce qu’on était dans des classes différentes, nous a fait du bien. Cela m’a permis de trouver des propres amis et de devenir plus autonome grâce à cela et quand même, nous nous sommes bien entendus et nous avons fait des choses ensemble. » Fabian


Am Anfang muss man sich also in allen Gebieten viel Mühe geben und geduldig sein, und das kann sehr anstrengend sein… es lohnt sich aber auf jeden Fall.

Wir haben dir zu Beginn des Austausches angeboten, einen Paten oder eine Patin zugeteilt zu bekommen. Die Paten und Patinnen sind ehemalige Voltaire-Teilnehmende. Da er/sie die gleiche Erfahrung wie du gemacht hat, könnte es interessant sein, sich mit ihm/ihr über eventuelle Probleme zu unterhalten. Wenn du einen Paten oder eine Patin haben möchtest, melde dich gerne bei uns!

Auch, wenn du nicht sicher bist, wer an der französischen Schule dein*e Tutor*in ist, sag uns bitte Bescheid. Es ist ganz wichtig, dass du immer eine*n Tutor*in hast und ihn/sie auch kennst.

Ich wünsche dir viel Spaß in Frankreich.

À bientôt !

Eure Voltaire-Zentrale

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