von Elisa Meynier
Das Centre Français de Berlin leitet seit 2012 das Netzwerk Diversität und Partizipation, das Fachleute der Jugendarbeit (schulisch und außerschulisch) aus Frankreich und Deutschland zusammenbringt. Das Ziel dieses Netzwerks ist die Entwicklung deutsch-französischer sowie internationaler Jugendbegegnungen.
Das Netzwerk wurde 2006 auf Initiative des Deutsch-Französischen Jugendwerks (DFJW) und der Stiftung Genshagen ins Leben gerufen, nachdem sich in Frankreich Aufstände entwickelten, die auf die ungerechten und gewaltsamen Todesfälle von Zyed Benna und Bouna Traoré aufmerksam machten. In diesem Kontext wurde das Netzwerk erschaffen, um folgende Bereiche abzudecken: : Projektentwicklung, wissenschaftliche Studien und politischer Dialog zur Verbesserung des Zugangs zu internationalen Mobilitätprogrammen für Jugendliche mit erhöhtem Förderbedarf.
Nun sind einige Jahre vergangen und das Netzwerk hat sich weiterentwickelt. Zum einen sind die wissenschaftlichen Studien abgeschlossen, die Sie auf den Seiten des DFJW aufrufen und/oder herunterladen können: 1) Das deutsch-französische Netzwerk „Integration und Chancengleichheit“, Markus Ottersbach, Thomas Pierre (Hrsg.) 2014: https://www.ofaj.org/resources/flipbooks/arbeitstexte_26/index.html 2) Diversität und Partizipation – Deutsch-französische Perspektiven auf die Arbeit mit Jugendlichen aus marginalisierten Quartieren (Dialoge – Dialogues), Ahmed Boubeker, Markus Ottersbach (Hrsg.) 2014: https://www.dfjw.org/ressourcen/diversitat-und-partizipation-deutsch-franzosische-perspektiven-auf-die-arbeit-mit-jugendlichen-aus-marginalisierten-quartieren.html,
Zum anderen nimmt der politische Dialog nun eine kleinere Rolle ein, auch wenn er nach wie vor wichtig ist, zugunsten der praktischen Dimension des Projekts: Die jährlichen Netzwerktreffen Diversität und Partizipation finden seit 2011 direkt in den betreffenden Gebieten statt: Aubervilliers, Berlin-Wedding, Champigny-sur-Marne, Frankfurt an der Oder, Paris (18.Arrondissement), Torcy oder Blossin in Brandenburg. So können Fachleute die lokalen Realitäten kennenlernen und innovative Strukturen und Projekte besuchen.
In diesem Jahr fand das Netzwerktreffen in Blossin, Brandenburg, statt. In der ländlichen und von Kleinstädten geprägten Gegend spielen die Fragen nach Zugangsmöglichkeiten junger Menschen zur Mobilität und deren Nutzen eine große Rolle. Initiativen und Projekte der Jugendarbeit, die auf aktuelle Entwicklungen, mit denen Brandenburg konfrontiert ist, innovative Antworten haben, sorgten für Denkanstöße und Gesprächsstoff. Am Treffen nahmen 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus den Regionen Berlin/Brandenburg und Paris/Île-de-France teil. Das Treffen wurde in Zusammenarbeit mit dem Jugendbildungszentrum Blossin e.V. organisiert, das ein Ort außerschulischer Jugendbildung, internationaler Begegnungen und kindlicher Bildung ist. Jugendliche haben hier die Gelegenheit, abseits vom Schul-, Berufs- und Familienalltag neue Kenntnisse und Fertigkeiten zu erwerben und ihre Fähigkeiten weiterzuentwickeln. Dabei dient u.a die Outdoor- und Bewegungsorientierung als Rahmen für den Erwerb von sozialen Kompetenzen wie Hilfsbereitschaft, Respekt und Solidarität und wird speziell dem Bewegungsdrang von Kindern und Jugendlichen angepasst, um das vorhandene Potential freizusetzen.
Der erste Tag des Programms ermöglichte es den Teilnehmenden, ruhig anzukommen und sich gegenseitig kennenzulernen bzw. sich wieder und besser kennenlernen.
Der Freitagmorgen begann mit einem Weltcafé mit Tobias Bütow, Generalsekretär des Deutsch-Französischen Jugendwerks (DFJW), Janet Jödecke vom Jugendamt des Landkreises Dahme-Spreewald, Susanne Boy, Mobilitätsberaterin „Berufsbildung ohne Grenzen“ bei der Handwerkskammer Berlin, Doreen Frenz, Mitarbeiterin des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg und DFJW-Ländervertreterin, Nicole Suarez, Regionalabteilung Provence-Alpes-Côte d‘Azur des französischen Jugendministeriums und DFJW-Ländervertreterin, Ludovic Brun, Regionalabteilung Ile-de-France des französischen Jugendministeriums und DFJW-Ländervertreter sowie Philippe Guilbert, Leiter Sprachen- und Bildungszusammenarbeit in der Französischen Botschaft/ Institut français Deutschland. Dieses Weltcafé ermöglichte fruchtbare Diskussionen und sorgte für begeisterte Teilnehmende an diesem ersten Morgen.
Am Nachmittag haben wir verschiedene Einrichtungen und Projekte aus Brandenburg besucht: das Jugendbildungszentrum Blossin e. V., das Jugendteam-Beeskow, ein Standort, an dem alle einzelnen Ressorts des Jugendhilfeträgers zu einem Jugendaktionsteam zusammengefasst worden sind, die freiwillige Feuerwehr Trebbin, eine der letzten verbliebenen Akteure in den ländlichen Teilen Brandenburgs, die noch Angebote für Kinder und Jugendliche unterbreiten, Youthrope clab Stahnsdorf, ein Festival, das jetzt mehrere Jahre hintereinander stattfand und die Jugendlichen in ihren (Sub)Kulturen zusammenfinden lässt und Ausdruck realer Partizipation ist, das Fanprojekt Cottbus, das internationale Begegnungen und außerschulische Bildungsarbeit in der Fußballfanszene anbietet, und das FEZ-Berlin: Abenteuer – Bildung – Spaß, eine grüne Insel für Kinder und Familien mit vielfältigen kulturellen Angeboten und Freiräumen, die Abenteuer, erlebnisorientiertes Lernen und Spaß bietet. Der inhaltliche Fokus wird dabei auf die Bereiche der digitalen und analogen Kulturtechnik sowie nachhaltiger Entwicklung und Diversität gelegt.
Dieser Tag voller Austausch und Entdeckungen endete mit einem geselligen Straßenfußballturnier. Das Turnier wurde von Kolleg·inn·en der Kreissportjugend Dahme-Spreewald vorbereitet und angeleitet, die die Gelegenheit nutzten, uns ihre Jugendarbeit vorzustellen. Der Pokal der Vielfalt wurde an das beste Team verliehen!
Am Samstagmorgen haben wir thematische Workshops zu aktuellen gesellschaftlichen Themen angeboten: Nachhaltigkeit als Thema für junge Menschen, Kooperation mit unkonventionellen Partnern, Jugendbeteiligung als Herausforderung und Hilfsmittel, politische Bildung als Mittel der Radikalisierungsprävention sowie Rechtspopulismus und Menschenfeindlichkeit – aktuelle Themen, die auch Entwicklungen in Brandenburg widerspiegeln. Da man nur an einem Workshop teilnehmen konnte, schlossen wir den Vormittag mit einer Fish-bowl-Debatte ab, die uns ermöglichte, uns über das, was in den anderen Workshops gesagt wurde, gemeinsam auszutauschen.
Der Nachmittag des 9. November, der den 30. Jahrestag des Mauerfalls markierte, war der thematischen Entdeckung Berlins gewidmet: Installationen, Shows, Konzerte, Ausstellungen, kritische Debatten, Gedenkveranstaltungen…. für jede und jeden war etwas dabei und das Interesse an dieser bewegenden Geschichte konnte gestillt werden. Der Tag endete im DFJW in Berlin mit einem wilden Karaoke-Abend, der für einige von uns in Blossin sogar bis in die frühen Morgenstunden weiterging!
Der letzte Programmtag war vor allem für die berühmte „Projektbörse“ reserviert, ein wichtiger Programmpunkt, um Projektideen zu präsentieren und neue Partnerschaften zu knüpfen. Darüber hinaus hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, sich einzeln oder in kleinen Gruppen über die Finanzierungsmöglichkeiten des DFJW beraten zu lassen. Eine Gruppe von Interessierten begann bereits mit der Planung des Netzwerktreffens 2020, das vom 12. bis 15. November in der Region Ile-de-France stattfinden wird.
Die Tagung endete mit einer Auswertung und herzlichen Abschiedsworten. Die Teilnehmenden unterstrichen die Notwendigkeit dieses jährlichen Treffens, da es ihnen ermöglicht, Abstand von ihrem Alltag zu nehmen und Energie, Perspektiven und Motivation zu gewinnen, um ihr Engagement für die Jugend fortzusetzen. Wir sehen uns nächstes Jahr!