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Kultur

Tanzen, wo in Berlin der Eiffelturm steht…

By 8 Juli 2022No Comments

„Der Wedding kommt: Und das schon seit Jahren.“ So lautet ein bekannter Witz unter Berlinern über den angeblichen Kampf eines Kiezes, einem anderen den Rang des hippsten Viertels der Stadt abzuringen. Doch der Wedding, das konnte ich feststellen, als ich den Weg in den Berliner Norden am 21. Juni antrat, ist tatsächlich gekommen – zumindest in die Gartenanlagen des Centre Francais de Berlin, um dort ab dem späten Nachmittag ausgelassen die „Fête de la Musique“ 2022 zu feiern. Auf einem Gelände, das wie durch Zauberhand in eine von Merguez und Gruyère-Crêpes-Duft durchtränkte Festivallandschaft verwandelt war, begegnete sich ein Publikum verschiedenster couleur wobei sich Stile mischten (Berliner Hipster-Style und Quartier-Latin-Chic) und Generationen sich begegneten. Grundschulkinder wurden am Rugby-Stand und beim Dosenwerfen von ihren Yolo-Eltern mit positiven Vibes gepusht. Und die „génération pépère“, die zu Besuch aus Paris gekommen war, traf sich in Bermudashorts und Ledermokassins auf den Bierbänken im Gemüsegartenbereich, neben der Bar, und philosophierte über den 68er-Geist, der in Berlin seit dem Beginn der europäischen Rave-Ära in den 90ern doch irgendwie fortlebte.
Zur Location selbst muss noch ein Wort gesagt werden: Das Gebäude im Stil der Nachkriegsmoderne ähnelt von außen einer halben Berliner „Platte“, während sich innen gut und gerne ein futuristischer Truffaut-Klassiker neu verfilmen ließe. Ein Ort also an dem man sich, allein wegen seiner Schönheit, gerne aufhält – sobald man sich überwunden hat, einzutreten. Während es zur Zeit des kalten Krieges noch als Kulturzentrum für Mitglieder der französischen Streitkräfte diente, erfüllt das renovierte Gebäude seit 1994 als Ort deutsch-französischer Begegnungen gleich mehrere Rollen: deutsch-französischer Veranstaltungsort, Unterkunft für französische Austausch-Menschen (Hotel/Herberge), Betreuung und Beratung zum „Programme Voltaire“, Fortbildungsort und Fachkräfteaustausch, Begegnungsort für deutsche und französische Jugendliche, Workshop-Location mit Angeboten für Schulklassen, Veranstaltungsort des „Tandem Paris-Berlin“ etc. etc. etc. Ach so, ein Schmuckstück von einem Kino („City Kino Wedding“) befindet sich hier ebenfalls. Das Ganze wird gestützt durch die Gesellschafter CEI (Frankreich) und der SPI-Stiftung (Deutschland) in Kooperation mit der Berliner Senatsverwaltung und dem DFJW. Unterm Strich scheint das Centre Français de Berlin doch ein Place to be zu sein für Französischlehrer*innen und alle anderen, die etwas mit Frankreich am Hut haben oder haben wollen, die in Berlin leben – oder auch nur zu Besuch sind.
Und dann wäre da noch der Eiffelturm (mit einem kleinen „d“): Die etwa zehn Meter hohe Replik des Pariser Originals thront imposant am Rande der Gartenlage und zeigt deutlich, dass in Berlin der Weg ins kulturelle Frankreich über die Müllerstraße führt. An diesem Abend ragte er in den nicht dunkel werdenden Nachthimmel am anderen Ende der Bühne und das Line-Up aus deutschen und französischen Artists [„Bronwyn“ (Singer-Songwriterin), „Jon Moon“ (Reggea) „GRaNDE“ (Rock-Folk, Gitarre und Geige), „Afar“ (Ambient/Elektro) und „Berlin Brass Caravan“ (Balkan-Ska-Jazz-Kombo)] sorgte für zunehmend tanzbare Musik. Und wer ganz still war, der meinte sogar die Stimme von Joel Cohen flüstern zu hören: Yeah, der Wedding ist gekommen, um die Fête de la Musique zu feiern!

(J.v. Hammerstein)

 

  ©Félicie Bleesz

  ©Olad Aden

 

©Marianne Richert

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